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Der Wandel zum Lean-Werk: Eine Erfolgsgeschichte

Wie wir beschlossen, Lean zu werden

Es war irgendwann Anfang dieses Jahrhunderts. Ich wurde Werkleiter eines Werks, das seinerzeit rote Zahlen schrieb. Da stand ich nun, durch und durch von Lean überzeugt. Was konnte ich tun? Das Werk hatte schon mit Kaizen angefangen, aber es ging leider nicht so recht voran. Nachdem ich eine Weile gerätselt hatte, wie ich mein Führungsteam ebenfalls durch und durch von Lean überzeugen und es richtig in Gang bringen konnte, kam mir die Idee, den vier wichtigsten Führungskräften Lean in einem anderen Unternehmen zu zeigen.

Ich kannte einen Geschäftsführer, der Jahre zuvor Lean in einem Zulieferunternehmen über TPM (Total Productive Maintenance) so richtig in Gang gebracht hatte. Mittlerweile war er Geschäftsführer eines anderen Unternehmens, bei dem ihm das gleiche gelungen ist.

Im Führungskreis beschlossen wir uns dieses Unternehmen anzuschauen. Zu fünft -ein Auto voll, machten der Produktionsleiter, der Planungschef, der Leiter des Betriebsmittelbaus, der Personalchef und ich uns auf den Weg
Was wir dort sahen, war erwartungsgemäß echt lean: alles im Fluß, geordnete Prozesse, hohe Produktivität, kontinuierliche Verbesserung. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren sichtlich stolz auf das, was sie in den letzten Jahren erreicht hatten. Kontinuierliche und konzentrierte Arbeit in einer fließenden Fabrik, statt immer wieder von einem Problemherd zum anderen zu springen.

Der Zustand vor der Einführung des Lean Managements, den uns die Kollegen dieses Unternehmens beschrieben, glich dem unsrigen. Hatte man das eine in Gang gebracht, hakte es schon wieder an anderer Stelle. Damit war in diesem Unternehmen jetzt ein für alle Mal Schluss. Das Ergebnis war damals: 15 % höherer Umsatz bei gleichem Personalstand, und das mit weniger Hektik.

Wir waren von dem, was wir bei unserem Besuch gesehen hatten zutiefst beeindruckt.
Auf der Heimfahrt im Auto diskutierten wir, wie wir das Gesehene auf unser Werk übertragen konnten. Wir kamen schnell darauf, dass der Chef des Betriebsmittelbaus es sein könnte, der das Thema federführend in unserem Werk in die Hand nehmen konnte. Jetzt brauchten wir noch Personal für die Umsetzung, aber unser Konzernunternehmen hatte drei Monate zuvor einen Einstellungsstopp verhängt. Da war es nichts mit zusätzlichen Personal. Wir diskutierten hin und her und beklagten uns über die Willkür des Konzerns. Auf bessere Zeiten warten, das wollten wir nicht.
Da hatte der Produktionsleiter zunächst etwas zögerlich, aber dann mit voller Überzeugung den Gedanken: „Ja, wir haben einen Einstellungsstopp. Wir müssen da einfach durch! Ich stelle einen meiner Betriebsingenieure zur Verfügung, der kann da mitzuarbeiten. “
Dem schloss sich recht schnell der Planungschef, von Haus aus ein sehr aufgeschlossener Typ, unmittelbar an und verkündete zustimmend: „Ja, wir haben keine andere Wahl. Ich stelle auch einen Mitarbeiter frei.“

Nach der Beschlussfassung im Auto machten wir uns in der Woche danach im Werk daran, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen.
Das Team der zwei freigestellten Mitarbeiter setzte sich zusammen. Seitens der Werksführung setzten wir uns im Führungsteam mit dem Betriebsrat zusammen, diskutierten und verfassten gemeinsam eine Broschüre zu einem neuen Arbeits- und Führungsverständnis. Die Inhalte haben wir den Führungskräften, allen Betriebsräten und den Mitarbeitern vermittelt und als Broschüre verteilt. Wichtig war, dass wir sie zum Leben erwecken. Über diese Vorgehensweise schufen wir ein Commitment zur Anwendung der kontinuierlichen Verbesserung.
Die Broschüre "AuF = Arbeits- und Führungsverständnis" stellte die Kerninhalte dar:

Das eingesetzte Team begann zu arbeiten und zu wirken und führte Kaizen-Workshops durch.
Jeden Freitag 11:00 - 12:00 Uhr war "Happy Hour" in unserem Werk. Das war der Zeitpunkt, zu dem die  Kaizengruppen ihre Erfolge vorstellten. Alle Führungskräfte waren anwesend. Ihre Begeisterung brachten die jeweiligen betrieblichen Vorgesetzten und auch ich mit "vollem Brustton der Überzeugung" in kurzen Statements zum Ausdruck. Die Berichtenden und ihre Vorgesetzen waren stolz auf das Erreichte. So erzielten wir eine Verbesserung nach der anderen.
Der Freitag war nicht nur wegen des bevorstehenden Wochenendes, sondern insbesondere wegen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihre Arbeit wieder und wieder ein Stück weit cleverer organisiert hatten, immer ein toller Tag. Einige Jahre danach übertrugen wir die Erfahrungen in die Bürobereiche. „Was in der Fabrik geht, das geht auch im Büro“ war die Devise. Allen voran waren es der Controlling- und der Personalchef, die den Verbesserungsprozess in ihren Abteilungen inspirierend und unterstützend erfolgreich machten.

Es dauerte nicht lange und die roten Zahlen wurden durch schwarze ersetzt. Der Ruf des Standorts drehte sich ins Positive. Niemand sprach mehr über Werkschließung und andere Horrorszenarien. Wir bekamen im Wettbewerb zu anderen Alternativen wieder Gelder für Investitionen in die Produkte von morgen und unsere Zukunft genehmigt.

Heute würde man sagen: „Einfach mal machen“, oder: „Wer nicht anfängt, der muss sich nicht wundern, wenn er nicht weiterkommt.“



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