Die Welt verändert sich ständig und mit ihr auch die Arbeitswelt. Der Ruf nach Fachkräften ertönt laut und deutlich in allen Branchen. Dies bietet Bewerberinnen und Bewerbern eine Vielzahl an Möglichkeiten, ihren Traumjob zu finden. Doch gleichzeitig stehen wir vor einer Herausforderung: Ein Mangel an qualifizierten Fachkräften bedroht unsere Fähigkeit, die notwendigen Aufgaben erfolgreich zu erfüllen.
Die Arbeitswelt steht vor einer beispiellosen Herausforderung. Jedes Jahr fehlen uns 450.000 Fachkräfte. Die Ursache: Die demografische Entwicklung, bei der immer weniger Erwerbstätige immer mehr Rentnerinnen und Rentner unterstützen müssen. Der Generationenvertrag, der die Altersversorgung über die Rentenversicherungsbeiträge sicherstellen sollte, gerät zunehmend in Gefahr und belastet die Erwerbstätigen übermäßig. Es ist unsicher, wann diese Entwicklung ein Ende finden wird - selbst eine höhere Geburtenrate würde erst in 16 bis 20 Jahren ihre Auswirkungen am Arbeitsmarkt zeigen.
Die Lage am Arbeitsmarkt verschärft sich zusehends. Systemrelevante Stellen bleiben unbesetzt und notwendige Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels, wie das Einbauen von erneuerbaren Energiequellen wie Photovoltaikanlagen, Windkraftanlagen und Wärmepumpen, können nicht mehr ausgeführt werden. Die Folge: Die Erreichung der dringend notwendigen Klimaziele steht auf dem Spiel und die Gesellschaft läuft Gefahr, ihren Verpflichtungen nicht mehr gerecht zu werden.
Die Unternehmen rufen nach der Einwanderung von Fachkräften aus dem Ausland.
Wie gehen wir mit dieser Situation um? Unterschiedliche Lösungen bieten sich an.
Diese haben wir in einem Arbeitskreis der Peter Drucker Society Mannheim e.V. in Form von Thesen zusammengestellt und stellen sie zur Diskussion.
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These 1 : Wir haben keinen Fachkräftemangel
Diese These wird von als jenen geäußert, die wahrnehmen, dass in den Unternehmen offene Stellen nicht besetzt werden können und andere Lösungsmöglichkeiten sehen.
Das sind diejenigen, die sich beim Auftreten der Lücke nicht bequem zurücklehnen und den Staat aufrufen doch bitte Fachkräfte zu besorgen. Für die einen ist das Selbstüberschätzung, für die anderen ist es Selbstverantwortung. "Hilf Dir selbst, sonst hilft Dir keiner" ist das Motto derer, die proaktiv Handeln und sich nicht der Opfermentalität ergeben.
Für mich ist es Selbstverantwortung, die mich dazu antreibt, meine Gedanken in diese Diskussion einzubringen.
Leiten lasse ich mich dabei auch vom Gedanken des Wohlstandes.
Meine Meinung: Der gegenwärtige Wohlstand ist nur haltbar, wenn die Wertschöpfung pro in Deutschland lebenden Bürger gleich bleibt. Bei immer weniger Erwerbstätigen/Bürgerinnen und Bürger muss dazu die Wertschöpfung pro Erwerbstätigem Durchschnitt steigen. In geringerem Anteil hilft die Anwerbung von Fachkräften.
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These 2 : Wir haben die Aufgabe, die Produktivitätspotenziale in allen Branchen auszuschöpfen
Die Arbeitsproduktivität als wichtiger Indikator der Leistung Deutschlands lag bis zum Jahr 2000 je Erwerbstätigen noch über 1 % pro Jahr, bis 2010 halbierte sie sich und nähert sich aktuell der Null-Prozent-Marke. Korrigiert man die Reduzierung der Arbeitsstunden pro Erwerbstätigen heraus, lag sie bis 2020 noch bei fast 1 %. Aktuell liegt sie bei 0 %.
Die Studie Wertschöpfungspotenziale 4.0 der Infpro (Institut für Produktionserhaltung) weißt aus, dass Lean-Prinzipien und Industrie 4.0-Technologien bislang noch unzureichend genutzt werden. Für die verarbeitende Industrie werden im Durchschnitt etwa 14 % Verbesserungspotenzial ausgewiesen. Erfahrungen der Vergangenheit haben nachgewiesen, dass sich große Teile der Verbesserungspotenziale auch auf die anderen Branchen bis hin in die öffentliche Verwaltung übertragen lassen. Mit Blick auf die gesamtwirtschaftliche Lage und hier auf den Fachkräftemangel ist es für den Erhalt des Wohlstandes unserer Gesellschaft zwingend notwendig, eine Produktivitäts- und Innovationsoffensive zu starten. Die Verantwortung liegt in den Unternehmen, wie in der Politik und in den Händen verantwortungsbewusster Arbeitnehmervertreter. Anteile höherer Produktivität könnten in höhere Löhne gewandelt werden, ohne die Wettbewerbsfähigkeit übermäßig zu belasten.
So gesehen gilt es sowohl die Effizienzpotenziale durch die dem Lean Management eigenen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu nutzen. Hohe Potenziale werden auch in der Verbesserung der Effektivität durch gezielte Automatisierung bis hin zur Digitalisierung gesehen.
Zu beachten ist, Lean- und Agiles sind keine Rationaliserungsinstrumente und sollte als solche nicht genutzt werden. Leider wurde das in der Vergangenheit oft missverstanden.
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These 3: Wir haben die Aufgabe die Arbeitsmarktpotenziale auszuschöpfen
Im Januar 2023 sind 2.418.000 Menschen arbeitslos. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 5,4 %. Um diese Quote zu verringern, müssen wir uns mit mehreren Herausforderungen auseinandersetzen. Dazu gehört das Einhalten des Lohnabstandsgebots (das Verhältnis von Bürgergeld zu Mindestlohn). Es ist wichtig, dass wir sowohl fördern als auch fordern. Arbeitslose müssen qualifiziert werden, um in den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Außerdem müssen wir Arbeitsplätze für Niedrig-Qualifizierte schaffen, indem wir Hilfsmittel bereitstellen und Prozesse standardisieren.
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These 4: Führen heißt die Mitarbeitenden zu selbstbestimmterem Handeln zu befähigen
die Führungskräfte haben eine wichtige Rolle dabei, Mitarbeiter zu selbstbestimmterem Handeln zu befähigen. Sie müssen eine klare Vision und Mission des Unternehmens vermitteln, klare Ziele und Projekte definieren und das Engagement und das Selbstmanagement der Mitarbeiter fördern. Darüber hinaus müssen sie ihre Mitarbeiter unterstützen und ihnen die notwendigen Mittel, Schulungen und Weiterbildungen zur Verfügung stellen, um ihre Fähigkeiten weiter zu entwickeln. Ein starkes Commitment der Mitarbeiter zu den Zielen des Unternehmens und eine gute Selbststeuerung und Selbstorganisation sind ebenfalls wichtig. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Führung eine entscheidende Rolle bei der Förderung der Selbstbestimmung und Selbstverpflichtung der Mitarbeiter spielt und dass das Unternehmen die Verantwortung hat, seine Mitarbeiter zu unterstützen, damit sie ihr volles Potenzial ausschöpfen können.
These 5: Unternehmen haben die Aufgabe für ihre Tätigkeiten zu begeistern
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