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Strategiealternativen

Strategiealternativen: Kostenführerschaft, Differenzierung, Nische

 

Kostenführerschaft als Strategie für die Zukunft: Wissen schafft Vorsprung

Die Nischenstrategie ist wertvoll.  Die Differenzierungsstrategie, in der Ingenieurinnen und Ingenieure sowie Forscherinnen und Forscher nach immer neuen Möglichkeiten der Differenzierung und des Schaffens von Kundennutzen suchen, ist unumgänglich. Doch an einem Hochlohnstandort wie Deutschland reicht das allein nicht aus. Der Blick muss auch in die Kostenführerschaft gehen.

Viele deutsche Unternehmen setzen darauf, sich durch technologische Alleinstellungsmerkmale in der Nische zu behaupten. Das ist ein intelligenter Ansatz, um sich dem direkten Kostenwettbewerb zu entziehen. Doch wenn Deutschland als Industrienation bestehen will, darf es nicht nur Nischen besetzen – es muss auch in der Lage sein, Produkte und Technologien zu wettbewerbsfähigen Kosten bereitzustellen. Studien zeigen, dass Unternehmen in Hochlohnländern langfristig nur dann erfolgreich sind, wenn sie nicht nur in technologischer Führerschaft, sondern auch in operativer Exzellenz Maßstäbe setzen (Wildemann, 2023; IPA Stuttgart, 2022).

Digitalisierung als Enabler für Strategiealternativen

Digitalisierung ist keine eigenständige Strategiealternative, sondern ein Enabler für alle drei klassischen Strategieansätze:

Strategie Wirkung der Digitalisierung
Kostenführerschaft Steigerung der Effizienz durch Lean Knowledge-Creation Digitalisierung
Differenzierung Transformationale Digitalisierung ermöglicht neue Geschäftsmodelle und kundenindividuelle Produkte
Nischenstrategie Digitalisierung als Hebel für spezialisierte Märkte, z. B. datengetriebene Services

Automatisierung als strategisches Element:

Automatisierung kann je nach Implementierung entweder als reines Kostensenkungsinstrument oder als menschenzentrierte Innovationsstrategie genutzt werden:

Automatisierungstyp Merkmale Wirkung
Klassische Automatisierung Ersetzt manuelle Tätigkeiten ohne Veränderung des Gesamtprozesses Kurzfristige Kostensenkung, jedoch starre Prozesse
Lean Knowledge-Creation Automatisierung Integriert den Menschen in den Automatisierungsprozess und unterstützt kontinuierliches Lernen Flexibilität und nachhaltige Effizienzsteigerung

Weitere Details zur digitalen Transformation und zur Automatisierung sind unter diesem Link verfügbar.

 

Qualität und Lieferfähigkeit als Erfolgsfaktoren

Neben Kostenführerschaft, Differenzierung und Nischenstrategie spielen Qualität und Lieferfähigkeit eine wesentliche Rolle in der Wettbewerbsfähigkeit. Während Qualität vor allem in der Differenzierungsstrategie zum Tragen kommt, ist eine hohe Lieferfähigkeit für die Effizienz und Kostenführerschaft entscheidend. Weitere Details zur gelebten Qualitätskultur finden Sie hier.

Der Schlüssel: Wissen, Effizienz und beherrschte Automatisierung

Kostenführerschaft bedeutet nicht, einfach nur Kosten zu senken. Es geht darum, durch eine konsequente Strategie der Knowledge Creating Company technologische und prozessuale Überlegenheit zu erreichen.
Die entscheidenden Hebel sind:

1. Lean & Agile Management als Haltung

Lean & Agile Management sind mehr als Methoden – sie sind eine Denkweise, die darauf abzielt, Prozesse schlank, flexibel und effizient zu gestalten.Nur Unternehmen, die sich dieser Haltung 

Abb. 1: Das Konzept der Knowledge Creating Company

verschreiben,  können sich im globalen Wettbewerb behaupten. Studien zeigen, dass Unternehmen mit einem hohen Lean-Reifegrad langfristig produktiver, kosteneffizienter und flexibler agieren als ihre Wettbewerber (Staufen AG, 2023; McKinsey, 2022).

In Deutschland gibt es ein enormes ungenutztes Potenzial: Die  Infpro-Studie "Wertschöpfungspotenziale 4.0" ergab, dass die Produktivität in der verarbeitenden Industrie durch konsequente Nutzung organisatorischer Methoden um 14 % gesteigert werden könnte. Der Weg führt über kontinuierliche Verbesserung, Eliminierung von Verschwendung und digitale Unterstützung des Shopfloors. Die Studie "wertschöpfungsorientierte Volkswirtschaft" ebenfalls von der Infpro durchgeführt, zeigt, dass diese Potenzial auf andere Bereiche übertragbar sind. 

2. Beherrschte Automatisierung als Kernkompetenz

Aufbauend auf Lean und Agile Management ist die Automatisierung essenziell für die Kostenführerschaft, doch sie kann nicht einfach eingekauft werden. Sie muss aus den realen Prozessen am Shopfloor heraus entwickelt und perfektioniert werden. Erfolgreiche Unternehmen wie Toyota (Jidoka-Prinzip) oder Siemens (Digitales Werk Amberg) zeigen, dass beherrschte Automatisierung der Schlüssel zur Kostenoptimierung ist (IPA Stuttgart, 2022; TU München, 2023).

Drei essenzielle Punkte für erfolgreiche Automatisierung:

  • Automatisierung muss vom Shopfloor aus gedacht werden – nicht als reine IT-Lösung.

  • Sie muss schrittweise aufgebaut und beherrscht werden, nicht nur „eingekauft“ werden.

  • Digitalisierung darf keine Insellösung sein, sondern muss mit der Prozessoptimierung verzahnt sein.

Die Rolle der Knowledge Creating Company:

Die Knowledge Creating Company basiert auf dem Prinzip des permanenten Lernens. Die kontinuierliche Verbesserung erfolgt nicht nur durch Prozessanpassungen, sondern auch durch das stetige Probieren neuer Ideen, die nach dem PDCA-Zyklus (Plan-Do-Check-Act) validiert werden.

Das SECI-Modell von Nonaka & Toyama zeigt, wie Unternehmen Wissen systematisch generieren:

Phase Beschreibung
Sozialisation Wissen wird durch praktische Erfahrung und Zusammenarbeit weitergegeben.
Externalisierung Implizites Wissen wird explizit formuliert und dokumentiert.
Kombination Vorhandenes Wissen wird mit neuen Erkenntnissen kombiniert.
Internalisierung Neues Wissen wird in Arbeitsabläufe integriert und gefestigt.

Diese iterative Vorgehensweise erzeugt einen kontinuierlichen Innovationszyklus, der es ermöglicht, systematisch neue Lösungen zu entwickeln und komplexe Herausforderungen zu bewältigen.

Führung als Bindeglied zwischen Strategie und Digitalisierung:

    • Digitalisierung und Automatisierung sind keine rein technischen Themen, sondern brauchen Führung, die sowohl die Lean-Haltung als auch die Agile-Prinzipien versteht.

    • Nur so entsteht eine menschenzentrierte digitale Transformation, die Mitarbeitende einbindet, statt sie zu ersetzen.

3. Transformationale Digitalisierung statt IT-getriebener Lösungen

Die Digitalisierung muss von den Produktionsprozessen aus gedacht werden, nicht von der IT-Abteilung. Studien zeigen, dass die erfolgreichsten Unternehmen technologische Innovation mit operativer Effizienz kombinieren (KIT Karlsruhe, 2023; RWTH Aachen, 2023).

Die wahre Hebelwirkung liegt in der transformationalen Digitalisierung:
✅ Prozessoptimierung durch digitale Assistenzsysteme (z. B. LeanByte).
✅ Echtzeit-Dokumentation von Wissen direkt am Shopfloor – keine Papierablagen, sondern nutzbare digitale Wissensdatenbanken.
✅ KI-gestützte Entstörung – Predictive Maintenance und kontinuierliche Prozessverbesserung durch digitale Wissensvernetzung.

4. Wissen als strategischer Vorteil: Die Knowledge Creating Company

Wissen allein reicht nicht – es muss verfügbar, strukturiert und nutzbar gemacht werden. Eine Knowledge Creating Company geht über klassische Wissensmanagementsysteme hinaus. Sie kombiniert Prozesswissen, Automatisierung und Digitalisierung, um kontinuierlich neues Wissen zu generieren.

Eine wichtige theoretische Grundlage für diese Herangehensweise ist das SECI-Modell von Nonaka und Toyama (siehe Folie 17). Es beschreibt, wie Wissen durch vier Prozesse entsteht:

  • Sozialisation: Implizites Wissen wird durch Erfahrung weitergegeben.

  • Externalisierung: Implizites Wissen wird explizit formuliert und dokumentiert.

  • Kombination: Explizites Wissen wird strukturiert und mit bestehendem Wissen kombiniert.

  • Internalisierung: Explizites Wissen wird durch Praxis in implizites Wissen umgewandelt.

SECi - Modell zur Erzeugung von neuem Wissen

Zusätzlich spielen Eigenverantwor-tung und Zuständigkeiten eine entscheidende Rolle in einer lernenden Organisation (siehe Folie 19). Der Eisberg der Ignoranz zeigt, dass oft nur ein kleiner Teil der Führungskräfte die tatsächlichen Herausforderungen kennt, während das operative Wissen am Shopfloor liegt. Eine stärkere Integration dieser Wissensquellen kann erheblich zur Effizienzsteigerung beitragen.

Die acht Merkmale einer Knowledge Creating Company (siehe Abb 2) unterstreichen, warum Unternehmen mit einer starken Wissensstrategie langfristig erfolgreich sind:

  1. Wissensgenerierung durch kontinuierliche Forschung und Entwicklung.

  2. Wissensaustausch über interne Netzwerke und digitale Plattformen.

  3. Wissensnutzung zur Verbesserung von Entscheidungen und Geschäftsmodellen.

  4. Organisationales Lernen als integraler Bestandteil der Unternehmenskultur.

  5. Kultur der Offenheit und Zusammenarbeit zur Förderung von Wissenstransfer.

  6. Integration von Technologie zur Erleichterung von Wissensorganisation und -verteilung.

  7. Führung und Strategie, die Wissen als entscheidenden Wettbewerbsfaktor begreifen.

  8. Anpassungsfähigkeit und Flexibilität durch kontinuierliche Wissensaktualisierung.

Kostenführerschaft und Differenzierung: Kein entweder-oder

Viele Unternehmen glauben, sie müssten sich zwischen Differenzierung (Premium-Strategie) und Kostenführerschaft entscheiden. Doch das ist eine falsche Dichotomie. Erfolgreiche Unternehmen kombinieren beides: Sie bieten ein starkes Wertversprechen (Value Proposition) und gleichzeitig wettbewerbsfähige Kostenstrukturen.

Deutschland braucht eine Wirtschaft, die den Ehrgeiz hat, sowohl in der Nische erfolgreich zu sein als auch in der Kostenführerschaft eine Führungsrolle zu übernehmen. Der Schlüssel liegt nicht in kurzfristigen Sparmaßnahmen, sondern in einer langfristig angelegten Wissensstrategie, die Effizienz, Innovation und marktorientierte Differenzierung verbindet.

Jetzt ist die Zeit für mutige Entscheidungen. Der Wettbewerb schläft nicht – und wer sich nicht bewegt, wird von der Dynamik des Marktes überrollt.

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