eFuels und eAutos – Der gemeinsame Weg zur klimaneutralen Mobilität?
Die Debatte um die Zukunft der Mobilität wird oft als eine Wahl zwischen zwei Alternativen dargestellt: eFuels oder batterieelektrische Fahrzeuge (BEVs). Doch diese Entscheidung zwischen „Entweder-oder“ greift unseres Erachtens zu kurz. Die Lösung für eine klimaneutrale Zukunft liegt vielmehr in einem „Sowohl-als-auch“-Ansatz, bei dem beide Technologien kombiniert werden, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.
Die Herausforderung: CO₂-Emissionen und die bestehende Fahrzeugflotte
Bis 2030 sollen 15 Millionen BEVs auf deutschen Straßen fahren, um die Klimaziele zu erreichen. Doch es ist absehbar, dass dieses Ziel nicht erreicht wird. Eine Lücke von bis zu 9 Millionen Fahrzeugen könnte weiterhin auf fossile Kraftstoffe angewiesen sein, was die Klimaziele gefährdet. Hier kommen eFuels ins Spiel.
eFuels sind synthetische Kraftstoffe, die aus erneuerbarem Strom, grünem Wasserstoff und CO₂ hergestellt werden. Sie können in bestehenden Fahrzeugen verwendet werden, was sie zu einer idealen Brückentechnologie macht. Durch die Beimischung von beispielsweise 15 bis 30 % eFuels zu herkömmlichem Benzin oder Diesel entstehen Blends, die die CO₂-Emissionen im Verkehrssektor anteilig reduzieren können. Diese Technologie bietet eine sofortige Lösung zur Reduktion von Emissionen, ohne dass die bestehende Infrastruktur komplett erneuert werden muss.
Das Henne-Ei-Problem der Wasserstoffwirtschaft
Ein zentrales Problem in der Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft ist das sogenannte Henne-Ei-Problem und das Inventor’s Dilemma. Dieses beschreibt die Herausforderung, dass sowohl Nachfrage als auch Produktion von Wasserstoff gleichzeitig entwickelt werden müssen, um wirtschaftlich tragfähig zu sein. Ohne ausreichende Nachfrage gibt es keinen Anreiz für Investitionen in Produktionskapazitäten, und ohne ausreichende Produktionskapazitäten gibt es keine Nachfrage.
eFuels können helfen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Wenn eFuels auf den Markt kommen und bestellt werden, können die notwendigen Kapazitäten aufgebaut werden, um den globalen Ausbau der Wasserstofferzeugung zu unterstützen. Auf diese Weise tragen eFuels nicht nur dazu bei, die CO₂-Ziele zu erreichen, sondern auch den Aufbau einer globalen Wasserstoffwirtschaft voranzutreiben. Der Aufbau einer globalen Wasserstoffwirtschaft ist von entscheidender Bedeutung für verschiedene andere Anwendungen, insbesondere in der Industrie, und dabei besonders für die Grundstoffindustrie. In der Grundstoffindustrie, die für die Herstellung von Materialien wie Stahl, Zement und Chemikalien verantwortlich ist, spielt Wasserstoff eine Schlüsselrolle, um die Dekarbonisierungsziele zu erreichen.
eFuels und Blends als Brückentechnologie
Ein wichtiger Vorteil von eFuels ist ihre Einsatzfähigkeit in sogenannten Blends, also Mischungen mit herkömmlichen fossilen Kraftstoffen. Diese Blends ermöglichen es, den Anteil an CO₂-neutralen Kraftstoffen im Verkehrssektor schrittweise zu erhöhen, ohne sofort eine vollständige Umstellung auf neue Technologien oder Infrastrukturen zu verlangen. Zum Beispiel könnte eine Beimischung von 15 bis 30 % eFuels in Benzin bereits signifikante Reduktionen der CO₂-Emissionen bewirken.
Blends bieten den Vorteil, dass sie sofortigen Nutzen bringen können, ohne dass umfassende Änderungen an der bestehenden Infrastruktur erforderlich sind. Das bedeutet, dass auch Bestandsfahrzeuge (Verbrenner) einen Beitrag zur CO₂-Reduktion leisten. Dadurch wird die Nachfrage nach eFuels gesteigert, was wiederum die Skalierung der Produktion fördert und langfristig die Kosten senken würde.
Ein weiteres Risiko, das oft übersehen wird, ist die potenzielle Belastung durch Strafzahlungen aufgrund der Nichteinhaltung der EU-Richtlinie zur Lastenteilung (ESR). Obwohl die deutsche Regelung der sektoralen Klimaziele geändert wurde, besteht dieses Risiko weiterhin, da in einem solchen Fall die europäische Regelung greift. Sollte der Verkehrssektor seine Klimaziele nicht erreichen, könnte Deutschland gezwungen sein, Emissionsrechte von anderen EU-Staaten zu kaufen oder direkt Strafzahlungen zu leisten um Fahrverbote abzuwenden. Diese Kosten könnten sich auf 10-20 Milliarden Euro belaufen – ein Betrag, der letztlich aus dem Steueraufkommen finanziert werden müsste und erheblichen politischen und wirtschaftlichen Druck erzeugen würde.
Darüber hinaus könnte die Produktion von eFuels in sonnen- und windreichen Regionen nicht nur zur globalen Klimaneutralität beitragen, sondern auch eine wichtige Rolle bei der Industrialisierung und Entwicklung von Ländern spielen, die bisher im Welthandel weniger bedeutend sind. Diese Länder könnten durch den Export von eFuels und Wasserstoff und den Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur wirtschaftlich profitieren und eine bedeutendere Rolle auf dem globalen Energiemarkt einnehmen.
Ein weiterer Vorteil von eFuels ist ihre Rolle bei der Skalierung von CO₂-Entzugstechnologien wie Direct Air Capture (DAC) und der Verwendung von CO₂ bei Carbon Capture and Storage (CCS) oder Carbon Capture and Utilization (CCU). Diese Technologien sind essenziell, um die CO₂-Bilanz von eFuels weiter zu verbessern und gleichzeitig die globale Klimaneutralität voranzutreiben.
eFuels als Brücke zur Elektromobilität
Während eFuels durch ihre Verwendung als Blends kurzfristig helfen können, die CO₂-Emissionen der bestehenden Fahrzeugflotte zu reduzieren, wird gleichzeitig die Entwicklung und Skalierung der Wasserstoffproduktion vorangetrieben. Da Blends den Betrieb von Verbrennungsmotoren anteilig verteuern, werden eDrives (elektrische Antriebe) dadurch wettbewerbsfähiger. Mit der Zeit werden BEVs in vielen Bereichen die Verbrennungsmotoren ablösen, insbesondere dort, wo sie die größten Vorteile bieten. Diese Entwicklung wird die Verbreitung von eAutos weiter unterstützen.
Dieser Ansatz spiegelt ein offenes und lernbereites Mindset wider, das notwendig ist, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Nur durch Experimentieren und Weiterentwickeln beider Technologien können wir herausfinden, welche Lösungen langfristig die besten sind.
Fazit: Eine Kombination für die Zukunft
Die Lösung für eine klimaneutrale Mobilität liegt nicht in der Entscheidung zwischen eFuels oder eAutos, sondern in der Anwendung beider Technologien. eFuels bieten eine sofortige Lösung zur Reduktion von CO₂-Emissionen in Bestandsfahrzeugen und fördern gleichzeitig den globalen Ausbau der Wasserstoffwirtschaft. BEVs stehen für die langfristige Transformation hin zu einer vollständig elektrifizierten und klimaneutralen Mobilität. Gleichzeitig ermöglicht diese Strategie den Aufbau der Wasserstofferzeugungskapazitäten zu skalierten Kosten, die unsere Grundstoffindustrie in Zukunft dringend benötigt. Die Produktion von Wasserstoff bzw. eFuels in sonnen- und windreichen Regionen kann auch zur wirtschaftlichen Entwicklung und Industrialisierung von Ländern beitragen, die bisher im Welthandel weniger bedeutend sind.
Jetzt ist es an der Zeit, die Weichen für diese duale Strategie zu stellen. Die kombinierte Nutzung von eFuels und BEVs kann dazu beitragen, dass Deutschland seine Klimaziele erreicht und gleichzeitig seine industrielle Wettbewerbsfähigkeit erhält.
Verfasser: Hermann Doppler - Jörg Nathusius
Thanks Hermann !
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